Frauke StammVon Frauke Stamm15.01.2025

Friseurpreise und Geschlechtergleichheit: Müssen Frauen wirklich mehr zahlen?

Lesezeit: 3 minSonstiges
Ein Mann und eine Frau mit Kurzhaarschnitt.©max-kegfire - iStock

Friseurtermine gehören für viele Menschen zu den regelmäßigen Pflegeritualen. Doch warum zahlen Frauen oft mehr als Männer? Diese Preisdifferenzierung wirft Fragen der Fairness und der Rechtmäßigkeit auf. Wir von MEINRECHT haben uns das Thema einmal genauer angesehen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Frauen zahlen oft mehr als Männer für Friseurdienstleistungen.

  • Laut der Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann das „Gender Pricing“ gegen das AGG verstoßen.

  • Preislisten vergleichen und nachfragen kann sich lohnen.

Warum sind Haarschnitte für Frauen teurer?

Frauen zahlen für einen Kurzhaarschnitt im Durchschnitt 12,50 Euro mehr als Männer. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) aus dem Jahr 2017. Nur 11 Prozent der über 100 befragten Friseursalons gaben demnach an, beim Kurzhaarschnitt von Mann und Frau gleich viel zu verlangen. Bei langen Haaren waren die Unterschiede beim Preis noch größer.

Friseursalons begründen die höheren Preise mit dem vermeintlich größeren Aufwand bei Frauen. Faktoren wie längere Beratungsgespräche, komplexere Schnitte oder Styling-Wünsche werden dabei angeführt.

Kritiker:innen betonen aber, dass diese Argumente oft pauschal getroffen und nicht individuell an den tatsächlichen Aufwand angepasst seien. Solche Preismodelle verstießen demnach potenziell gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Pink Tax und Gender Pricing: Wie beeinflusst das die Preise?

Pink Tax, auch bekannt als „Rosa Steuer“ und Gender Pricing (Preisdifferenzierung nach Geschlecht) nennt sich das Phänomen, das für die unterschiedlichen Preise je nach Geschlecht für gleichartige Dienstleistungen und Produkte verantwortlich ist.

Übrigens: Das „Gender Pricing“ zeigt sich auch in anderen Dienstleistungsbranchen. Die Reinigung einer Bluse kostet laut der ADS-Studie im Schnitt 1,80 Euro mehr als die eines Hemdes. Von mehr als 380 gleichartigen Dienstleistungen nach Geschlecht waren demnach knapp 60 Prozent preisungleich – davon waren 50 Prozent für Frauen und 9 Prozent für Männer teurer.

EU-Richtlinie und Gleichbehandlung beim Friseur

Aber muss die Ungleichbehandlung auf dem Friseurstuhl hingenommen werden? „Gender Pricing“ kann gegen die Geschlechterdiskriminierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verstoßen. Die sogenannte Gender-Richtlinie der EU soll Frauen und Männer gleichstellen, wenn es um den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen und die Versorgung damit geht. Diese Richtlinie gilt auch in Deutschland.

Ungleichbehandlungen sind danach nur dann gerechtfertigt, wenn sie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind. Ein solches könnte es sein, dass Friseur:innen einen größeren Arbeitsaufwand bei Frauen-Haarschnitten haben, als dies bei Männer-Frisuren der Fall ist. Aber gehören die Zeiten, in denen Männer nicht mehr nur kurz und Frauen nicht mehr nur lang tragen, nicht längst der Vergangenheit an?

Beim Friseurbesuch kommt es also darauf an: Ist die Frisur, die Sie sich als Frau wünschen, komplizierter und zeitaufwändiger als die für einen männlichen Friseursalon-Besucher – und andersherum? Tragen Sie also einen Kurzhaarschnitt ohne Pony und andere besondere Feinheiten, lässt sich ein höherer Preis allein deswegen, weil Sie eine Frau sind, nicht rechtfertigen.

Keine Geschlechter-Stereotype für Ungleichbehandlung

Auch die Antidiskriminierungsstelle findet, die unterschiedlichen Preise können potenziell gegen das Verbot der Geschlechterdiskriminierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verstoßen. Der Preisunterschied müsse sachlich begründet sein und dürfe nicht auf Geschlechter-Stereotypen basieren.

Ähnlich sieht es auch die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: „Gender Pricing“ benachteilige einzelne Verbraucher:innen, heißt es, „wenn der höhere Preis nicht durch einen höheren Arbeitsaufwand begründet werden kann“. Ob ein Verstoß tatsächlich vorliegt, müsse jedoch für jeden Einzelfall bewertet werden.

Was können Verbraucher:innen gegen geschlechter-spezifische Preise tun?

  • Fragen Sie im Salon konkret nach, warum der Preisunterschied besteht, wenn Sie sich ungerecht benachteiligt fühlen.

  • Entscheiden Sie sich für Salons, die geschlechtsneutrale Preise orientiert nach Haarlänge oder Aufwand anbieten. Bewertungen und Empfehlungen im Internet können hilfreich sein.

  • Schaffen Sie ein Bewusstsein, indem Sie Ihre Erfahrungen öffentlich zum Beispiel in sozialen Medien oder auf Bewertungsplattformen teilen. So können Sie andere auf das Thema aufmerksam machen.

Fazit: Friseurbesuch gender-neutral gestalten

Einige Friseursalons haben ihre Preisgestaltung bereits geändert: Sie werben mit gender-neutralen Preisen (dieser Artikel liegt hinter einer Paywall) und unterscheiden nicht mehr zwischen Haarschnitten für Frauen und Männer.

Bevor Sie einen Termin in einem Salon buchen, kann es sich also lohnen, einen Blick auf die Preisliste zu werfen.

Gut zu wissen: Nach der Preisangaben-Verordnung sind Friseursalons verpflichtet, ihre Preise durch einen Aushang transparent machen. Bei der Abrechnung müssen sie sich an diese Preise halten.

Frauke Stamm

Frauke Stamm

Als Kommunikations-Expertin mit langjähriger Erfahrung recherchiert sie spannende Rechtsfragen aus dem Alltag und beantwortet diese auf meinrecht.de.

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