„Junges und dynamisches Team mit Benzin im Blut“: Verstoß gegen das AGG?
Wann ist eine Stellenausschreibung diskriminierend? Damit beschäftigte sich das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern. Konkret ging es um die Stellenanzeige eines Tankstellenpächters, der jemanden für sein Verkaufsteam suchte.
Das Wichtigste in Kürze:
Stellenanzeigen sind an eine Vielzahl von potenziellen Bewerber:innen gerichtet und an dem Verständnis der durchschnittlichen Leserin/des durchschnittlichen Lesers auszulegen.
Im konkreten Fall enthielt die Ausschreibung keine Anforderung, die den Interessenten wegen seines Alters von einer Bewerbung hätte abhalten sollen.
Allein ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz löst nach Ansicht des Gerichts noch keinen Entschädigungsanspruch aus. Der Kläger muss darlegen, dass ihm ein Schaden durch den Verstoß entstanden ist.
„Team mit Benzin im Blut“ sucht neuen Mitarbeitenden
Die neun Mitarbeiter:innen der Tankstelle waren zwischen 40 und 60 Jahre alt. Lediglich die Aushilfe war mit 19 Jahren etwas jünger. In der Stellenanzeige schrieb der Tankstellenpächter: „Wir sind ein junges und dynamisches Team mit Benzin im Blut und suchen Verstärkung“ und formulierte im Anschluss die konkreten Anforderungen an die Bewerber:innen. Darüber hinaus ging er auf das Gehalt und die Arbeitsbedingungen in seinem Unternehmen ein. Der spätere Kläger, 50 Jahre alt, bewarb sich erfolglos. Denn das Rennen machte am Ende ein 48-jähriger Mann.
Gesamtzusammenhang würdigen
Nachdem der 50-Jährige vom Tankstellenpächter eine Absage erhalten hatte, forderte er eine Entschädigung, weil die Stellenanzeige eine Altersdiskriminierung enthalte. Darüber hinaus war er der Meinung, der Pächter habe den Datenschutz verletzt, schließlich habe der Pächter ihm nicht mitgeteilt, ob er seine personenbezogenen Daten verarbeitet habe. Nachdem der Kläger vor dem Arbeitsgericht Rostock erfolglos geklagt hatte, musste im Berufungsverfahren das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern entscheiden (LAG).
Die Richter:innen stellten dazu fest, dass eine Stellenanzeige im Gesamtzusammenhang zu würdigen ist. Wird das Arbeitsumfeld als „jung und dynamisch“ beschrieben, erkennen Durchschnittsleser:innen, dass für den Arbeitsplatz geworben wird. Niemand solle wegen seines Alters als Bewerber:in ausgeschlossen werden (Az. 2 Sa 61/23).
Keine Diskriminierung zu erkennen
Das Gericht lehnte es auch ab, einzelne Begriffe wie „jung“ herauszupicken und für sich selbst zu werten. Der Satz sei in seiner Gesamtheit und der Position innerhalb der Anzeige zu verstehen. Die konkreten Anforderungen an die Bewerber:innen seien zusätzlich klar beschrieben worden. Sie sahen somit keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach den §§ 1 und 7 Abs. 1 Allgemeines Gleichstellungsgesetz (AGG). Der Text der Ausschreibung sei eindeutig an eine Vielzahl von potenziellen Bewerber:innen gerichtet gewesen.
Datenschutz: Es muss ein Schaden entstanden sein
Auch in seinem zweiten Anliegen lehnten das LAG die Klage des 50-Jährigen ab. Allein der Verstoß gegen das Datenschutzgesetz löst noch keinen Entschädigungsanspruch nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) aus. Der Kläger muss in seiner Klage darlegen, dass ihm ein Schaden durch den Verstoß entstanden ist. Dafür, so die Richterinnen und Richter weiter, spreche der Wortlaut der Norm, der die Haftung nur für den durch den Verstoß verursachten Schaden zuspreche.
Lasse Paulus
Lasse Paulus, Dipl.-Jurist, klärt auf meinrecht.de über verschiedene Rechtsfragen auf.