Illegale Sportwetten: BGH legt EuGH Tipico-Verfahren vor
Es gibt eine Vielzahl von Sportwettenanbietern in Deutschland. Aber bis vor einigen Jahren fehlte ihnen die deutsche Lizenz. Sind die abgeschlossenen Wetten dann überhaupt wirksam? Und gibt es das verspielte Geld zurück, falls nicht? Darüber soll der Europäische Gerichtshof entscheiden.
Das Wichtigste in Kürze:
Der Wettanbieter Tipico besaß bis 2020 keine deutsche Lizenz zum Anbieten von Sportwetten in Deutschland.
Wetten, die mit Anbietern ohne Lizenz abgeschlossen wurden, könnten ungültig sein.
Der Bundesgerichtshof will nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs entscheiden, ob Spieler:innen verlorenes Geld aus ungültigen Wettverträgen zurückerhalten.
Sportwetten ohne Erlaubnis
Tipico, Oddset und Bwin: Im Internet finden sich unzählige Anbieter von Sportwetten. Doch um das Glücksspiel anzubieten, benötigen die Unternehmen eine Lizenz. Sportwetten, die ohne Lizenz angeboten werden, sind illegal.
Eine Übersicht über die Anbieter mit gültiger Konzession hat die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder veröffentlicht. Dazu gehört heute auch der Sportwettenanbieter Tipico.
Auch Tipico war ohne Lizenz
Doch Tipico verfügte wie viele andere Glücksspielanbieter nicht immer über eine deutsche Lizenz. Erst im Jahr 2020 wurde ihm diese erteilt.
Zuvor verfügte Tipico aber über eine maltesische Lizenz - dort hat der Anbieter seinen Sitz wie viele solcher Unternehmen. Aber hat diese ausgereicht, um auf deutschen Webseiten Wetten anzubieten? Die angeschlossenen Wetten könnten unwirksam sein. Spieler:innen könnten dann ihr verlorenes Geld von den Anbietern zurückfordern. Vor deutschen Gerichten laufen bereits tausende solcher Klagen.
Ob die abgeschlossenen Wetten gültig waren, soll nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) klären.
Der Bundesgerichtshof (BGH), der gerade über eine Klage eines Spielers entscheiden soll, hat den Richter:innen in Straßburg die Frage vorgelegt. Erst danach wird der BGH entscheiden, ob Spieler ihr Geld aus verlorenen Sportwetten von den Anbietern zurückfordern können.
BGH entscheidet zu Sportwetten
In dem BGH-Verfahren geht es um einen Spieler, der rund 3.700 Euro von Tipico zurückfordert. Seine Anwälte sind sich sicher: Die angebotenen Wetten waren ungültig, da Tipico weder eine Lizenz für das Angebot besaß, noch eine solche hätte beantragen können.
Sachlage um illegale Sportwetten noch unklar
In einem Hinweisbeschluss im März dieses Jahres ließ der BGH durchblicken, dass auch er die mit Tipico geschlossenen Verträge für unwirksam halte (Az: I ZR 88/23). Doch bis zur endgültigen Entscheidung ist die Sachlage weiterhin unkar.
Manche Gerichte gingen auch davon aus, dass die mit Tipico geschlossenen Verträge wirksam sind, weil der Sportwettenabieter seine Konzession bereits 2011 beantragt hatte. Allein die Erteilung dauerte bis zum Jahr 2021. Der Anbieter habe also alles Erforderliche getan, um Sportwetten legal anbieten zu können. Wieder andere sind der Ansicht, dass Tipico die Lizenz gar nicht hätte erhalten dürfen, da der Anbieter sich nicht an die Höchstgrenze beim Spieleinsatz von 1.000 Euro pro Monat gehalten habe.
Was können Spieler tun?
Wir raten Ihnen dazu, erst einmal das Urteil des BGH abzuwarten. Der EuGH ist in das Verfahren eingeschaltet worden, da Tipico auf Malta sitzt. Damit ist das Verfahren von europaweiter Bedeutung.
Was Sie jedoch auch schon vorab tun können, ist Tipico (und auch andere Sportwettenanbieter) aufzufordern, Ihnen eine Transaktionsübersicht zuzusenden. Dazu sind die Anbieter nach der Datenschutzgrundverordnung verpflichtet.
Schreiben Sie in Ihrer Aufforderung auch eine Frist, bis wann Ihnen das Unternehmen die Auskunft über Ihre Transaktionen erteilen soll. Ratsam sind hier zwei Wochen.
Geld von Tipico zurückfordern
Sollte es zu einem spieler:innenfreundlichen Urteil kommen, können Sie mithilfe unseres Musterformulars (Link folgt in Kürze) Tipico und andere Sportwettenabieter, die zur Spielzeit keine gültige Konzession besaßen, auffordern, Ihnen das verspielte Geld zurückzuzahlen. Beachten Sie aber, dass dies nur für Spiele vom Jahr 2012 bis Oktober 2020 möglich ist. Danach verfügte Tipico über eine Lizenz. Auch sollten die Verluste nicht länger als zehn Jahre zurückliegen.
Weigert sich Tipico oder reagiert nicht, sollten Sie sich anwaltliche Hilfe holen. Dann lohnt mitunter eine Klage auf Rückerstattung.
Mit dem Magazin von MEINRECHT halten wir Sie über das Verfahren zu illegalen Sportwetten auf dem Laufenden. Wann der BGH entscheiden wird, ist offen.
Bitte beachten Sie, dass Streitigkeiten, die in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin-, Options- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften und Gewinnversprechen stehen, nicht vom Rechtsschutz umfasst sind.
Anna Kristina Bückmann
Mit ihrem Fachwissen als Volljuristin beantwortet sie für meinrecht.de die alltäglichen Rechtsfragen unserer Leser:innen.