Tarifwechsel: Vorsicht bei Anruf von angeblichem Stromanbieter

Von Anna Kristina BückmannLesezeit: 4 min30.09.2025
Foto: Ein Stromzähler und ein Smartphone@ nullplus

Welchen Stromtarif man abschließt, würde man gerne selbst entscheiden. Findige Anrufer wollen Verbrauchern am Telefon oder an der Haustür einen neuen Anbieter unterjubeln.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Strom- und Gastarifwechsel unterliegen der Textform.

  • Ein Anruf allein führt nicht zu einem Anbieterwechsel.

  • Die SMS danach genügt jedoch für einen Vertragsschluss.

Angeblicher Stromanbieter ruft an

„Hallo, ich bin von Ihrem Stromanbieter E.ON.“ So stellte sich ein Anrufer bei einem Mitglied der MEINRECHT-Redaktion vor. Der Anrufer sagte, er wolle dabei helfen, von Vergünstigungen beim Stromtarif zu profitieren. Es gehe um Ersparnisse von bis zu „30 Prozent“. Man solle ihm nur die Zählernummer nennen.

Auf mehrmalige Nachfrage hin, gibt sich der Anrufer als Mitarbeiter eines Unternehmens namens „Wechseltarif“ aus. Die Ortsvorwahl gehört zu Aachen.

Eine kurze Recherche im Internet zeigt: Tatsächlich gibt es ein entsprechendes Unternehmen mit Sitz in Aachen. Mit dem Stromanbieter E.ON. sind aber keine Verbindungen sichtbar. Noch dazu besitzt die Angerufene gar keinen Vertrag mit E.ON. Der Anrufer kennt neben ihrer Handynummer auch ihre Mailadresse. Wie kommt er an diese Daten? Auf die Frage gibt es keine Antwort.

Anrufe bei Verbraucher:innen mehren sich

Solche oder ähnliche Anrufe erhalten aktuell viele Menschen in Deutschland. Die Anrufer*innen erkundigen sich nach der Stromzählernummer und wollen dann einen Wechsel zu einem angeblich günstigeren Anbieter durchführen – nur geben sie das bei ihrem Anruf nicht immer auch so an. Die Verbraucherzentralen berichten, dass sich Verbraucher*innen vermehrt beschweren.

Übrigens: Telefonwerbung ist ohne Einwilligung verboten. Auf der Webseite der Bundesnetzagentur können Sie Beschwerde dagegen einreichen. Die Behörde verhängte schon mehrfach Bußgelder wegen solcher „Cold Calls“.

Vertragsschluss per Telefon – geht das?

Aber kann Ihnen tatsächlich direkt am Telefon ein neuer Vertrag untergeschoben werden? Ganz so einfach ist das nicht. Bei Strom- und Gasverträgen gilt nämlich die Textform nach § 126b BGB.

Allerdings: Die findigen Anrufer*innen schicken gleich nach dem Telefonat eine SMS oder eine E-Mail mit dem Vertragsangebot. Bestätigen Sie dieses, ist der neue Vertrag geschlossen.

Wie können Sie sich schützen?

Wir haben ein paar Tipps, wie Sie sich gegen solche Anrufsmaschen wehren können:

  1. 1.

    Nehmen Sie unbekannte Rufnummern am besten gar nicht erst an. Sie können diese zunächst im Internet recherchieren und – sollte die Quelle seriös sein – zurückrufen.

  2. 2.

    Sind Sie rangegangen, legen Sie am besten gleich wieder auf, sollte der oder die Anrufer*in Sie nach Daten fragen.

  3. 3.

    Geben Sie auf keinen Fall Daten wie die Zählernummer heraus. Auch Name, Adresse und weitere Daten sollten Sie für sich behalten. Übrigens: Ihr Stromanbieter kennt Ihre Zählernummer.

  4. 4.

    Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Sie müssen ein Angebot nicht sofort annehmen.

  5. 5.

    Antworten Sie im Nachgang auf keine SMS oder E-Mail. Damit bestätigen Sie den Vertragsschluss.

  6. 6.

    Haben Sie dennoch einen Vertrag abgeschlossen, widerrufen Sie diesen schnellstmöglich.

  7. 7.

    Melden Sie unseriöse Anbieter der Bundesnetzagentur.

Untergejubelten Stromvertrag widerrufen

Bei einem Vertrag, der ausschließlich über Fernkommunikationsmittel wie SMS, Telefon, Internet oder E-Mail geschlossen worden ist, steht Ihnen ein Widerrufsrecht zu. Gleiches gilt für einen Vertragsschluss an der Haustür. Sie haben 14 Tage Zeit, den Vertrag zu widerrufen.

Tipp: Achten Sie auf das Datum der schriftlichen Vertragsbestätigung. Das ist ausschlaggebend für Ihre Widerrufsfrist.

Wurden Sie überhaupt nicht über Ihr Widerrufsrecht informiert, gilt eine längere Frist. Sie haben dann 1 Jahr und 14 Tage Zeit, den Vertrag zu widerrufen.

Schicken Sie den Widerruf Ihrem neuen Stromlieferanten am besten per Einschreiben mit Rückschein oder per Fax.

Ist Ihr alter Stromvertrag noch aktiv?

Prüfen Sie auch, ob Ihr alter Stromtarif noch besteht oder bereits vom neuen Anbieter gekündigt worden ist. Falls letzteres der Fall ist, müssen Sie sich schnell nach einem neuen Stromanbieter umsehen. Sonst rutschen Sie in die teurere Grundversorgung.

Handeln Sie schnell, können Sie auch noch die Vollmacht zur Kündigung Ihres Altvertrages gegenüber dem neuen Anbieter widerrufen. Dieser darf dann nicht mehr in Ihrem Namen den alten Stromlieferungsvertrag kündigen. Tut er dies doch, ist die Kündigung unwirksam.

Kein Vertragsschluss – dennoch Begrüßungsschreiben erhalten?

Sie sind sich sicher, dass Sie keinen neuen Vertrag geschlossen haben und erhalten dennoch ein Begrüßungsschreiben eines angeblich neuen Anbieters? Dies kann ein Fake-Schreiben sein. Fragen Sie dennoch vorsorglich bei Ihrem alten Anbieter nach, ob Ihr bisheriger Stromvertrag noch besteht.

Fazit: Schützen Sie Ihre Daten

Bei Anrufen wie bei aufgedrängten Gesprächen an der Haustür oder auf der Straße – überall gilt: Seien Sie sorgsam mit Ihren Daten. Geben Sie Daten nicht vorschnell heraus. Besser ist es, erst einmal das Gespräch zu beenden. Rufen Sie bei Ihrem Versorger unter der Ihnen bekannten Rufnummer an und fragen Sie nach, ob dieser Sie tatsächlich wegen der gefragten Daten kontaktiert hat.

Datenschutzrecht
Anna Kristina Bückmann

Anna Kristina Bückmann

Mit ihrer journalistischen Erfahrung recherchiert sie interessante Rechtsthemen für meinrecht.de – und beantwortet diese mit ihrem Wissen als Anwältin für Sie.

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