Wo bleibt Bruno: Wer bekommt den „Trennungs“-Hund?

Trennen sich Eheleute, werden gemeinsame Haushaltsgegenstände zwischen ihnen aufgeteilt. Kann sich das Paar nicht einigen, trifft ein Gericht die Auswahl. Doch was gilt für den gemeinsam angeschafften Hund?
Das Wichtigste in Kürze:
Tiere sind nach dem Gesetz keine Sachen. Aber manche Vorschriften zu Sachen finden dennoch auf Sie Anwendung – mit entsprechender Berücksichtigung des Tierwohls.
Zu wem der Hund im Falle einer Trennung kommt, entscheidet sich nach dem Tierwohl.
Kriterien für das Tierwohl sind die Nähe zwischen Tier und Mensch, ein artgerechtes Umfeld und Zeit.
Elf Jahre alter Hund Bruno wechselt zu Hause
Ein Paar kaufte sich im Jahr 2012 einen Hund. Das Tier, getauft auf den Namen Bruno, zog mit ihnen in ein Haus mit Garten. Elf Jahre später trennten sich die beiden, die in der Zwischenzeit geheiratet hatten. Die Frau nahm Bruno bei der Trennung mit, ohne ihren Ehemann ein Wort davon zu sagen. Der hatte den Welpen damals bezahlt.
Der Mann wollte den Hund zurück und klagte darauf vor Gericht. Zudem begehrte er, dass der Hund für die Zeit der Trennung ihm zugewiesen wird.
Tierwohl entscheidend
Das Amtsgericht Marburg gab ihm Recht. Entscheidend für die Frage, wohin der Hund nach einer Trennung der Eheleute komme, sei das Tierwohl (Az: 74 F 809/23 WH).
Dafür komme es darauf an, wer die Bezugsperson des Hundes ist. Da in dem Fall das Gericht nicht eindeutig klären konnte, wer für den Hund das „Rudelmitglied“ ist, wurde nach weiteren Faktoren geschaut: Bei wem findet Bruno ein artgerechteres zu Hause? Wer hat mehr Zeit für ihn?
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Hund als „Herrscher“ des Gartens
Elf Jahre lang hatte der Hund in dem Haus mit umzäunten Garten gelebt. Es sei „gerichtsbekannt, dass gerade die freie und unbeschränkte Nutzung eines hundesicher eingezäunten Gartens für das betreffende Tier einen ganz erheblichen Zuwachs an Lebensqualität bedeutet“, so das Gericht in seinem Beschluss. „Der Hund fühlt sich dort als Herrscher in seinem Revier, das er kontrollieren und gegebenenfalls auch bewachen kann. Dort kann er beispielsweise auch einen Knochen verstecken und diesen nach einiger Zeit wieder ausgraben und dergleichen.“ Die Frau war in eine Wohnung ohne Garten gezogen.
Der Ehemann habe mehr Zeit für das Tier. Er arbeite im Homeoffice, während seine in Trennung lebende Ehefrau an fünf Tagen die Woche für sechs Stunden ins Büro müsse. Auch dadurch sah das Gericht Bruno für die Zeit der Trennung besser bei seinem Herrchen aufgehoben.
Für die Entscheidung sei nicht relevant, wer sich was in der Ehe habe zuschulden kommen lassen; eine Affäre des Mannes soll zur Trennung geführt haben.
Haushaltsgegenstände werden aufgeteilt
Bei der Entscheidung wandte das Gericht § 1361a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an. Die Norm regelt die (vorläufige) Verteilung der Haushaltsgegenstände während der Zeit des für eine Ehescheidung notwendigen Getrenntlebens. Für die Zeit nach der Scheidung gelten dann die Regelungen der sogenannten Hausratsverordnung.
Konkret heißt es in dem Gesetz:
(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann jeder von ihnen die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände von dem anderen Ehegatten herausverlangen. Er ist jedoch verpflichtet, sie dem anderen Ehegatten zum Gebrauch zu überlassen, soweit dieser sie zur Führung eines abgesonderten Haushalts benötigt und die Überlassung nach den Umständen des Falles der Billigkeit entspricht.
(2) Haushaltsgegenstände, die den Ehegatten gemeinsam gehören, werden zwischen ihnen nach den Grundsätzen der Billigkeit verteilt.
(3) Können sich die Ehegatten nicht einigen, so entscheidet das zuständige Gericht. Dieses kann eine angemessene Vergütung für die Benutzung der Haushaltsgegenstände festsetzen.
(4) Die Eigentumsverhältnisse bleiben unberührt, sofern die Ehegatten nichts anderes vereinbaren.
Das Gericht betonte, dass es sich bei Tieren zwar nicht um Sachen (also Haushaltsgegenstände) handelt (§ 90a BGB). In diesem Fall könne die Vorschrift aber entsprechend angewendet werden, da die Gerichte bei der Verteilung der Gegenstände nach Billigkeit das Tierwohl berücksichtigen.
Schnelle Rückkehr gegen Trennungsschmerz
Damit Bruno schnell in sein altes Zuhause zurückkehren kann, ordnete das Gericht die sofortige Vollziehung an. Die ist für die Aufteilung von Haushaltsgegenständen eigentlich nicht vorgesehen. Dass weitere sechs Wochen bis zur Rechtskraft des Beschlusses abgewartet werde – Bruno war zu dem Zeitpunkt bereits zwei Monate in der neuen Wohnung – gehe gegen das Tierwohl. Die Trennung könne für den Hund „am ehesten und besten noch in der alten vertrauten Umgebung zu verarbeiten sein“.
Darüber hinaus sei es auch für Mann und Frau die beste Lösung. Weiteres Abwarten vergrößere nur den Trennungsschmerz der Frau, wenn Bruno in einer derartigen „Schwebezeit“ bei ihr bleibe. Und es tue auch dem Mann gut, der den Hund „bereits jetzt offenkundig schmerzlich vermisst“.
Auch Papageien gehören zum Hausrat
Dass Tiere zum Hausrat der ehelichen Wohnung gehören, hatte bereits das Oberlandesgericht Celle im Jahr 2009 entschieden. In dem Verfahren ging es um Papageien, um die sich die getrenntlebenden Eheleute stritten (Az: 15 WF 44/09). Und auch der Umgang mit einem Pudel führte 1998 zu einem Streit, der vor dem AG Bad Mergentheim landete. Die Eheleute hatten sich auf ein Umgangsrecht bereits geeinigt. Zwei Mal im Monat, am 1. und 3. Donnerstag, sollte der Hund für drei Stunden zum Ehemann kommen.
Die Frau widerrief den Vergleich. Der Hund fühle sich durch die Regelung „hin- und hergerissen“. Das sah das Gericht anders: Diese Regelung, „die hier einer Umgangsregelung nachgebildet ist, wie sie sonst bei Kindern angewendet wird, erscheint billig und angemessen, sie schadet (…) dem Hunde und seinem Wohlbefinden nicht, sie ist vielmehr sogar (…) durchaus geeignet, das weitere Wohlbefinden des Hundes zu fördern (1 F 143/95).

Anna Kristina Bückmann
Mit ihrer journalistischen Erfahrung recherchiert sie interessante Rechtsthemen für meinrecht.de – und beantwortet diese mit ihrem Wissen als Volljuristin für Sie.